Mit der Kraft der Sonne durch den Alltag

In Brütten steht das erste energieautarke Wohnhaus der Welt. Das Haus ist nicht ans öffentliche Stromnetz angeschlossen und braucht weder Erdöl noch Erdgas. Allein die Kraft der Sonne reicht als einzige externe Energiequelle. Eingebunden in das innovative Nutzungskonzept sind zwei umweltfreundliche Fahrzeuge, die den Bewohnern im Carsharing zur Verfügung stehen. [1]
Die Sonne liefert zwar rund 5800 Mal mehr Energie, als wir auf der Erde verbrauchen, doch nicht immer dann wenn wir sie benötigen. Um ein zu hundert Prozent energieautarkes Gebäude realisieren zu können, muss die Effizienz in Energieproduktion, -speicherung und -verbrauch gesteigert werden. [2] Beim Neunfamilienhaus in Brütten bestehen Fassade und Dach aus Fotovoltaikelementen mit Dünnschichtzellen. Gemäss den Berechnungen reicht bereits eine Stunde Sonne, um den gesamten Tages-Energiebedarf der Bewohner abzudecken, und selbst an nebligen Tagen liefert die Anlage einen Mindestertrag.
Jede weitere Sonnenstunde – im Sommer manchmal bis zu acht Sonnenstunden pro Tag –produziert zusätzliche Energie, die in einem kombinierten System von Kurz- und Langzeitspeichern aufbewahrt und bei Bedarf wieder genutzt wird. Die mit Batterietechnik betriebenen Kurzzeitspeicher können Energielücken von drei bis vier Tagen schliessen, während die Langzeitspeicher die dunklen und kalten Wintermonate überbrücken, denn über das Jahr gerechnet bleibt ein Stromdefizit von etwa 25 bis 30 Tagen. Aus dem überschüssigen Strom der Fotovoltaikanlage wird im Sommer via Elektrolyseverfahren Wasserstoff produziert und gespeichert und mittels Brennstoffzellen-Technologie wieder in elektrische Energie umgewandelt, wann immer diese benötigt wird. [1]
Energieautark auf der ganzen Linie
In Brütten wird Strom nicht nur umweltfreundlich erzeugt, sondern intelligent gesteuert und dort gespart, wo es nicht auf die Kosten der Bewohner und deren Bequemlichkeit geht. Nebst einer perfekten Gebäudeisolation und einer Sole-Wasser-Wärmepumpe sind sämtliche Haushaltgeräte in hohem Masse energieeffizent und nur modernste LED-Leuchmittel im Einsatz. Natürlich stehen auch die Bewohner in der Verantwortung, ihren Energieverbrauch im Auge zu behalten und bewusst mit den Ressourcen umzugehen.
Im Unterschied zu einem Nullenergiehaus schliesst das Mehrfamilienhaus in Brütten jedoch nicht nur jedes Haushaltgerät mit ein, auch ein Elektro- und ein Bio-/Erdgasauto können die Mieter gemeinsam benutzen. Denn gemäss den Statistiken des Bundesamtes für Energie (BFE) ist der Verkehr nach wie vor der grösste Energieverbrauchssektor, noch vor den Haushalten oder der Industrie. [2] Dieses grosse Optimierungspotenzial im Bereich der Mobilität wurde in Brütten vollständig genutzt. Der Strom für das Elektroauto wird mit der hauseigenen FV-Anlage produziert, für das Bio-/Erdgasauto steht so viel Biogas bereit, wie aus den biologischen Abfällen aller Bewohner im Kompogas-Verfahren gewonnen werden kann. [3]
Das Mehrfamilienhaus in Brütten ist ein Leuchtturmprojekt für die Energiestrategie 2050. Es zeigt, dass nachhaltiges Bauen und Leben ohne Komforteinbusse durchaus möglich ist, aber auch, dass Wohnen und Mobilität eng miteinander verknüpft sind. In den kommenden Jahren werden wohl die Grenzen zwischen Wohnen, Arbeit, Beruf und Freizeit weiter ineinanderfliessen und sich unterschiedliche Nutzungen überlappen und ergänzen. Innovativer Wohnungsbau und zukunftsweisende Mobilitätslösungen können zusammen neue Voraussetzungen schaffen für künftige Wohn- und Lebensräume.
Quellen:[1] Ein Haus ohne Stromanschluss. Energieexperten, Online (24.08.2016)
[2] Das erste energieautarke Mehrfamilienhaus der Welt. Umwelt Arena, Online (24.08.2016)
[3] Erstes energieautarkes Mehrfamilienhaus der Welt. Energie-Experten, Online (24.08.2016)